Eine "Unterhaltungsanleitung" für Fernwanderer

Anna's Erlebnisbericht vom Schluchtensteig

27.06.2022: Vor Kurzem wurde im Zielgebiet des Schluchtensteigs, genauer gesagt beim Rathaus in Wehr, eine formschöne neue Wellenliege eingeweiht, auf der Fernwanderer erst einmal genüsslich ihre müden Beine hochlegen können. Für unsere liebe Kollegin, Anna Grether aus der Tourist-Info Höchenschwand, Grund genug, einmal mit uns gedanklich zurück in den vergangenen Herbst zu "wandern", als sie selbst 6 Tage auf dem Schluchtensteig unterwegs war. Was diese Tour mit dem Badnerlied, Sturmtiefs und Zaubersaft zu tun hat, beschreibt Dir Anna hier im Blog:

"119 Kilometer; über 5.400 Höhenmeter in 5 oder 6 Etappen, mystische Schluchten und wunderschöne Ausblicke auf den Höhen - die Hardfacts zum Qualitätswanderweg Schluchtensteig dürften den wanderambitionierten Lesern sicherlich bereits bekannt sein. Zudem gehört der Schluchtensteig ja längst zu den Top Trails of Germany und ist dementsprechend populär. Dieser Bericht soll Dich jedoch ein bisschen anders auf die Wanderung vorbereiten und gerne auch Deine Abenteuerlust wecken ;-)

 

Also, gestartet sind wir in Laufrichtung in Stühlingen bei bestem Herbstwetter. Begleitet vom Pfeifen der Sauschwänzlebahn ging es durch die Wutachflühen und hinauf auf den Buchberg. Am höchsten Punkt der ersten Etappe gibt es einen schönen Pausenplatz, der erste Blicke auf die zweite Etappe freigibt. Noch ein letzter Abstieg und wir erreichen nach genau 5 Stunden Gehzeit unser erstes Ziel und kommen in Blumberg an. Hier endet auch die Fahrt der Sauschwänzlebahn. Wer unterwegs genügend Luft über hat, kann sich daran versuchen, das Pfeifen der Bahn nachzuahmen - hier sind einige Lacher garantiert.

Am zweiten Tag unserer Wanderung starten wir direkt mit einem spektakulären Abstieg. Am Ortsrand von Blumberg geht es über Treppen, Leitern und schmale Pfade in die kleine Schlucht des Schleifenbachs. Von dort geht es weiter nach Achdorf. Am Ortseingang bei der Kapelle wartet schon ein erstes Highlight auf durstige Wanderer: Die Anwohner scheinen das Wandersvolk zu kennen und unterstützen mit einem etwas anderen Brunnen, der mit Bier und Wein to go gefüllt ist. Frisch gestärkt geht es für uns also weiter Richtung Wutachmühle, dort steigen wir dann in die Wutachschlucht ein. Hier begegnet uns immer wieder ein Wegweiser nach „Bad Boll“. Ziemlich verwundert kommen wir gegen Ende der Etappe an einen Info-Pavillon, der uns aufklärt. Mitten in der Natur gab es hier ein Heilbad. Dieses wurde im 15. Jahrhundert erstmals erwähnt und hat als Standort verschiedenste Entwicklungen durchlebt. So gab es einmal ein Kurhaus, einen Kurpark mit zwei Seen, ein Badehaus und eine Telegraphen-Station (ab 1887), es diente jedoch auch als Erholungsheim oder als Stützpunkt für Wanderer. 1975 brennt das Hauptgebäude nieder, ab 1990 gehört das Gelände dem Land Baden-Württemberg und steht unter Naturschutz. Einzig die Kapelle steht heute noch. 
Nach 6 Stunden Wandern erreichen wir an der Schattenmühle unser Tagesziel. Auch beim anschließenden Abendessen sind wir völlig von Bad Boll fasziniert und es wird fleißig recherchiert. (Anmerkung der Autorin: an diesem Punkt war dann auch das erste Fläschle des mitgeführten "Zaubersafts" leer - hier sei euch eine bessere Einteilung empfohlen...)

Von der Schattenmühle brechen wir an Tag 3 Richtung Schluchsee auf. Ebenso wie am zweiten Tag verbringen wir viele Kilometer am Wasser und durchwandern die Schlucht. An einigen Punkten sind wir direkt am Fluss, an anderen haben wir eine spektakuläre Sicht beinahe senkrecht in die Schlucht hinein. Auf den Wegen durch den schönen (Schwarz-) Wald bekomme ich ein wenig Baumkunde. Das zieht sich auf den nächsten Etappen durch und -Spoiler!- gegen Ende unserer Schluchtensteig-Wanderung kann ich die heimischen Laub- und Nadelbäume mit einer guten Trefferquote bestimmen. 
Nach rund 14 Kilometern erreichen wir Lenzkirch und legen eine ausgedehnte Pause ein. 
Danach brechen wir (wie wir denken) zum Endspurt auf, stellen jedoch relativ schnell fest, dass es uns noch einiges an Anstrengung kosten wird, bis wir unser Ziel in Fischbach erreichen. Nach einem letzten kräftezehrenden Anstieg erreichen wir einen Spielplatz auf dem „Pass“. Dort müssen wir natürlich die schweren Rucksäcke ablegen und eine Pause auf Schaukel, Rutsche und Wippe einlegen - neben der atemberaubenden Natur unser Highlight des Tages. Beschwingt geht es dann hinab nach Fischbach und auf direktem Wege ins Hotel.

 

An Tag 4 brechen wir gut ausgeruht auf und begeben uns zum ersten Zwischenziel, dem Bildstein. Hier genießen wir den Ausblick auf den Schluchsee und den Schwarzwald. Danach geht es herunter und am Ufer entlang zum Unterkrummenhof. Auf diesem Abschnitt haben wir es uns zum Ziel gemacht, den schnellsten Kilometer zu laufen. Wir schaffen ihn in 09:09 Minuten und kommen stolz wie Bolle am Unterkrummenhof an, wo wir unsere Mittagspause verbringen. Von dort aus geht es hinauf durch das mysthsiche Muchenland Richtung St. Blasien. An der Windbergschlucht wird auch unser zweites Fläschchen Zaubertrank leer und wir schaffen es gerade noch so in unser Hotel. 

Am fünften Tag verabschieden wir uns vom Dom in St. Blasien und steigen hinauf zum Lehenkopfturm, wo wir noch einmal einen tollen Rund-um-Blick genießen. Zwischen dem Lehenkopfturm und den ersten Ortschaften in Dachsberg, festigt sich ein Ohrwurm: das altbekannte Badnerlied. Und so haben wir neben dem Ankommen in Wehr ein weiteres Ziel für die verbleibende Zeit auf dem Schluchtensteig gefasst: Wir singen so lange, bis wir alle fünf Strophen des Badnerlieds auswendig können. Macht Spaß und gehört hier im Schwarzwald eh zum Allgemeinwissen (hier der Crashkurs für alle Anfänger). Irgendwann scheint das dann die Mitternachtsformel ersetzt zu haben und kann auf Abruf zitiert werden. 
Auf einer Himmelsliege über Horbach stärken wir uns und steigen dann hinab zum idyllischen Klosterweiher. Weiter geht es über Ibach, wir folgen einem Abschnitt des Ibacher Panoramaweges. Am Ibacher Kreuz steigen wir entlang der Hohwehraschlucht über Stock und Stein hinab nach Todtmoos. Dort haben wir das Ziel der vorletzten Etappe erreicht.

 

An Tag 6 machen wir Bekanntschaft mit Hendrik und Ignatz. Das sind leider nicht etwa sympathische Wandersburschen, die uns auf der letzten Etappe begleiten, sondern die beiden sorgen an diesem Tag für Orkanböen in ganz Deutschland. So sind leider auch wir gezwungen, einen Tag zu pausieren. Im Nachtquartier leeren wir also unsere Rucksäcke und greifen einen Tag später wieder an. 
Wir starten in Todtmoos und wandern durch die Wehraschlucht auf schönen, meist schmalen Wegen auf und ab. Nach rund 15 Kilometern machen wir am Aussichtspunkt zur Felsenhütte unsere letzte Vesperpause, genießen den Ausblick auf den herbstlichen Wald und tanken Sonnenstrahlen. 
Gestärkt geht es also auf die letzten 10 Kilometer, die nochmal richtig Spaß machen. Dieses Mal haben wir den Zaubertrank besser dosiert und können uns für den Schlussspurt nochmal ein Schlückchen genehmigen. 

Natürlich sind wir erleichtert und stolz, als wir nach einer Wanderzeit von insgesamt 32 Stunden, 20 Minuten und 4 Sekunden am Portal des Schluchtensteigs in Wehr ankommen.

Unser Fazit: Positiver als jeder Corona-Test! Wir hatten eine anstrengende aber auch entspannte Zeit auf dem Schluchtensteig, konnten sowohl mysteriöse als auch wunderbare Augenblicke und atemberaubende Aussichten genießen, haben uns nebenbei musikalisch weitergebildet und auf jeden Fall entschleunigt!

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