Einfach ein bisschen verhexter...
Sagen & Geschichten
Leah Raatz aus der Tourist-Info Waldshut-Tiengen erklärt, was der Südschwarzwald mit Hexenverfolgung, kirchlicher Reformation oder tierischen Kriegshelden zu tun hat.
"Ein Besuch in der Region Südschwarzwald verspricht unter anderem viel Ruhe, Erholung und Idylle. Dass es bei uns aber nicht immer so entspannt war, bezeugen die zahlreichen Ereignisse, die sich hier in den vergangenen Jahrhunderten abgespielt haben und heute durchaus erzählenswert sind. Sie machen unseren Südschwarzwald wortwörtlich sagenhaft.
Wer hätte zum Beispiel vermutet, dass im 17. Jahrhundert auch die kleine Stadt Tiengen dem Hexenwahn zum Opfer gefallen ist? Besonders bekannt ist die Geschichte der Maria Schneider. Als „Hexe von Bühl“ erlangte sie traurige Berühmtheit. Ihr Prozess ist geradezu exemplarisch für das perfide Prozedere der damaligen Hexenprozesse und kann noch heute an den Tiengener Originalschauplätzen live miterlebt werden, bei der Schauspielführung „Die Hexe von Bühl“.
Weniger traurig aber bis heute sehr bedeutungsvolle ist die Erzählung vom Waldshuter Schafsbock, der sozusagen zum Kriegshelden wurde. Als Waldshut 1468 von den Schweizern belagert wurde, wurden die Vorräte immer knapper. Was noch entbehrt werden konnte, wurde an einen Schafsbock verfüttert, den man anschließend gut genährt über die Stadtmauer spazieren ließ. Im Glaube, die Stadt sei noch lange nicht ausgehungert, verloren die Eidgenossen bald die Geduld und zogen von dannen. Waldshut war frei! Das gute Ende der Belagerung feiern wir seitdem jährlich im August bei der Waldshuter Chilbi.
Unsere älteste Legende findet ihren Ursprung im Jahre 858, als die Stadt Tiengen zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde. Damals war auch erstmals vom „Chindlistei“ die Rede, einem fast sechs Meter hohen Menhir. Woher er genau stammt, weiß eigentlich keiner so genau aber über die Jahre entwickelte er sich zu einem wichtigen Versammlungsort. Einer Sage nach lebte in ihm eine Fee, die bei Unfruchtbarkeit ihre Hilfe anbot, weshalb hier vermutlich Fruchtbarkeitsriten vollzogen wurden. Sicher belegt ist jedenfalls, dass er lange Zeit als Gerichtsstätte des Kaiserlichen Klettgauer Landgerichts diente und noch während der NS-Zeit als Germanische Thing-Stätte zu Propagandazwecken genutzt wurde.
Der Langenstein war außerdem Versammlungsort der Tiengener Bürger, als sie sich im Jahre 1524 zur Reformation bekannten. Die deutlich wichtigeren Ereignisse spielten sich in dieser Zeit aber in Waldshut ab. An Ostern 1525 ließ sich Balthasar Hubmaier, ein früher katholischer Pfarrer Waldshuts, zusammen mit 60 Bürgern taufen und taufte anschließend selbst einen großen Teil der Bevölkerung von Waldshut, womit er die Reformation in der Region vorantreiben wollte. Damit stellte er sich aber auch ganz offen gegen die Habsburger, weshalb er während des Bauernkrieges flüchten musste, als habsburgische Truppen die Stadt besetzten und zum Katholizismus zurück zwangen. Auch dieses Ereignis wird bei einer Schauspielführung inszeniert.
Bei mir in Waldshut-Tiengen könnt ihr einen Großteil unserer Geschichte(n) bei Stadtführungen miterleben. Dabei können viele historische Originalschauplätze noch heute besichtigt werden. Andere Ereignisse werden an Veranstaltungen, wie z.B. der Waldshuter Chilbi oder dem Schwyzertag Tiengen, neu inszeniert.
Aber nicht nur in meiner Doppelstadt spielt die Vergangenheit eine große Rolle. In der FerienWelt Südschwarzwald haben so einige bekannte Persönlichkeiten gelebt und gewirkt. So könnt ihr beispielsweise den Spuren von Joseph Victor von Scheffel folgen, den Minnesänger Walther von Klingen kennenlernen, Graf Hans IV. von Habsburg-Laufenburg auf seiner Tour begleiten oder die Kunstwerke Hans Thomas begutachten.
Ihr seht also: bei einem Besuch im Südschwarzwald lohnt es sich durchaus, auch einen Blick auf Vergangenes zu richten. Denn die ist mindestens genauso spannend, wie unsere heutigen Erlebnisse."